Angry Birds – Fahrräder könnten eine Rolle spielen (Auszug)

 

Das Deutsch, das Land, wird bei mir sein

Und segnet mich, mein Seel und Leib

Behütet mich mit seiner Macht

Vor allen Übel Tag und Nacht

Das Deutsch, das Land, du unser Licht

Uns leuchten lass dein Angesicht

Dass wir dich schaun und glauben frei

Dass du uns ewig gnädig seist

Es kommt nicht darauf an, dass wir

Kein Leid empfinden, Agonie,

Es kommt drauf an, dass unser Leid

Einen Zweck hat, den es dann erfüllt.

1.

Andreas kellnert beim FDP Parteitag. Er verteilt an alle Zuschauer beyin salatesı oder beyin çorbası, auf jeden Fall etwas mit Gehirn. Alle müssen das auslöffeln.

Mirko beobachtet Andreas die ganze Zeit. Nimmt sich auch eine Hirnsuppe, löffelt, beobachtet.

Anzugträger nur noch vereinzelt, es ist schon spät und Andreas räumt die halbausgetrunkenen Gläser ab. Während der gesamten Szene versucht er abzuräumen.

Mirko: Magst du was vom Hirn haben?

Andreas: Hm?

Mirko: Hirnsuppe?

Andreas: Nein Danke.

Mirko: Sei doch nicht so schüchtern.

Andreas: Ich bin nicht schwul.

Mirko: Hä, was? Ich auch nicht.

Andreas: Ach so, ich dachte.

Mirko: Nur weil ich bei der FDP arbeite.

Andreas: Weil du mich den ganzen Abend anstarrst.

Mirko: Du bist süß.

Andreas: ?

Mirko: Wie heißt du?

Andreas: Erik.

Mirko: Hallo Erik, ich bin Mirko.

(Andreas schüttelt ihm nicht die angebotene Hand. Räumt ab.)

Mirko: Du bist Kellner?

Andreas: ?

Mirko: Machst du das Hauptberuflich? Ist das dein Job?

Andreas: Was sonst?

Mirko: Na ja, vielleicht machst du ja auch was richtiges im echten Leben, dachte ich.

Andreas: Wo ist denn das?

Mirko: Wo ist was?

Andreas: –

Mirko: Ich will mich dir gar nicht aufdrängen, ich dachte nur, man kann mit dir reden.

Andreas: Ich bin keine Schwuchtel, sage ich.

Mirko: Weil man mit dir reden kann? Bist noch einer mit den alten Werten? Trifft man heute selten. Optisch gehen die ja zurück zu den alten Werten. So nach dem ganzen Hippie Kram mit Scheiße im Haar, rasieren sie sich wenigstens ordentlich. Also viele sehen so aus. Nach alten Werten. Denken tun sie aber trotzdem Scheiße im Haar. Grad in der Schwulenszene gibt es den Trend, dass die aussehen wie Nazis, so richtig mit Glatze und Bomberjacke und die macht das an. Das macht die hart, die Schwulen. Die ficken unter Hakenkreuzfahnen, ich sag´s dir, Springerstiefel ist für die ein Sextoy. Das wär nix für mich. Ne. Ich habe ja heute Morgen beim Rasieren im Radio gehört, dass der Moderator einen Fallschirmsprung gemacht hat und dabei weinen musste und dann konnten die Hörer voten, ob das schwuchtelig ist oder nicht. Darf ein Mann Gefühle zeigen oder ist das behindert, ruf an oder poste es auf facebook! Und ich dachte so, scheiße, ich heule ja schon allein bei dem Gedanken an einen Fallschirmsprung. Ich heule ja schon, wenn ich mich beim Rasieren schneide, ohne Scheiß, krieg da sofort feuchte Augen, ich hasse Schmerzen, ich komm so gar nicht, also kein bisschen mit Schmerzen klar, so eine Muschi bin ich und dabei total hetero. Das glaubst du mir jetzt nicht, schon verstanden, aber ich habe Frau und Kinder. Der Jüngste dieses Jahr eingeschult, die Ältere kriegt schon Titten, so große Dinger, aus dem Nichts heraus! Wahnsinn wie schnell das geht, da musst du schon deinen Schwanz kontrollieren lernen, also im ernst, von dem, was ich da empfinde, da ist nix mit schwul, ich steh ganz knallhart auf Titten. Aber heulen muss ich trotzdem bei jeder Kleinigkeit.

Andreas: –

Mirko: Und du?

Andreas: Was? Heulen?

Mirko: Frau? Mann?

Andreas: Ich bin nicht schwul, verdammt scheiße!

Mirko: Gott, ich mach doch nur Späße. (lacht) Kannst du gleich aufbrausen! Also, was ist, Frau, Kinder?

Andreas: Ne.

Mirko: Einsamer Wolf also. Dachte ich mir. So kommst du auch rüber. Aber wir sind ein Team. Auch Wölfe laufen im Rudel.

Andreas: ?

Mirko: Allein überlebt man nicht. Wir sind nur ein Teil, nicht mehr, das müssen auch so Jungs wie du begreifen. Um frei zu sein, musst du auch mit anderen frei sein können.

Andreas: Ich arbeite für eine Catering Agentur.

Mirko: Na da seid ihr doch ein Team.

Andreas: Ich kenn die anderen nicht.

Mirko: Wie, aber du hast doch Kollegen.

Andreas: Ne.

Mirko: Wie ne, und wer sind die anderen, die hier herumlaufen?

Andreas: Keine Ahnung, sehe ich zum ersten Mal.

Mirko: Du hast doch einen Chef.

Andreas: Nie gesehen. Mich ruft nur sein Vertreter an und sagt, wann ich wo hinkommen soll.

Mirko: Die Welt macht auf, die Wüste wird größer, jeder kümmert sich nur um sich selbst, wir spritzen uns einsam Botox in die Unterlippe, aber glücklich sind wir deswegen nicht geworden oder? Ich meine, versteh mich nicht falsch, ich halte ja hier die ganzen Konzepte für arbeiten wo auch immer, leben wo auch immer, ficken mit wem auch immer voll gut und richtig und alles, so kommt auch das meiste Geld rein. Das ist ja das Schöne. Eigentlich überlebt man ja nur, wenn mal liberal ist. Offen für alles neue. Die Schwulen, die Ausländer, Frauenrechte – Hier kennst du den? „Eine Ostdeutsche, ein Asiate, ein Schwuler und ein Behinderter im Rollstuhl wollen in Brüssel einen Tisch kriegen in so nem schicken Restaurant. Sagt der Kellner ´was seid ihr denn für eine schräge Truppe?!‘ sagen die ,Was, wir sind die Bundesregierung!‘.

(er lacht genüsslich und gekünstelt über seinen eigenen Witz)

Ach, na ja. Ja.

Hm.

Echt, hast du das gesehen, wie Rösler zu diesem Schwarzen hin ist und ihm da die Hand geschüttelt brüderlich? Jetzt machen die gemeinsame Sache. Die laufen schon aufeinander zu, wie auf ner einsamen Insel gestrandete. Ich sag´s dir, die machen jetzt Shake-hands.

Andreas: Wer jetzt?

Mirko: Nun stell dich nicht doof. Der Schwarze. Waren ja jetzt nicht so viele da.

Andreas: Fünf.

Mirko: Ich habe nur einen gesehen.

Andreas: Die anderen sind hinten in der Küche.

Mirko: Der, zu dem Rösler hin ist, ihm zu sagen, dass er auch was werden kann. Wenn der verkappte Augenarzt das geschafft hat – vom Tellerwäscher zum Millionär und all der Quatsch.

Andreas: Rösler ist nicht zu Jan gegangen, sondern andersrum.

Mirko: Ist Jan der Schwarze?

Andreas: Ja.

Mirko: Ist doch ein deutscher Name.

Andreas: Jan ist Deutscher.

Mirko: ?

Andreas: Jan ist zu Rösler hin und hat ihm gedankt.

Mirko: Und dann hat Rösler gesagt, ich bin eure Vertretung –

Andreas: Nein. Jan hat Rösler gesagt, dass er das gut findet, dass jetzt „einer von uns“ oben mitmischt.

Mirko: Ja, genau. Und dann hat Rösler gesagt –

Andreas: Dann hat Rösler gesagt, was meinst du mit „einer von uns“? Und dann ist er zu Westerwelle gegangen und hat sich über Jan totgelacht, hat sich beschwert, dass der Schwarze was von „einem von uns“ gelabbert hat, was kann er damit wohl meinen, er ist doch wohl nicht einer von denen. Der eine ist Schwarzer Tellerwäscher, der andere ist Philipp Rösler, Parteichef. Das ist ja wohl schon was anderes.

(unangenehme Stille)

Mirko: Ja, na komm, also das mit den Schwarzen, da muss man ja auch sehen, dass die noch nicht so lange hier sind. Die kriegen noch ihre Chance, Parteichefs zu werden. Ist halt neu für die Leute. Das braucht noch Zeit.

Andreas: Was?

Mirko: Die anzusehen.

Andreas: Jan ist fünfte Generation.

Mirko: Also über deinen Jan weiß ich nix, aber grundsätzlich, musst du halt auch ein bisschen Toleranz entwickeln gegenüber den Leuten. Weißt du, meine Mutter, die ist 89 jetzt, die ist im Altersheim. Da arbeiten ne Menge Schwarze, Vietnamesen, Russen, was weiß ich, klar hat die Angst. Soll ich ihr jetzt die Leviten lesen, der armen alten Frau, darüber dass sie Angst hat vor den ganzen Ausländern? Die hat Vertreibung hinter sich. Die wurde von den Russen vergewaltigt. Drei Mal. Die hat alles verloren und mich durchgebracht alleine. Soll ich die jetzt anzeigen, weil sie sagt, sie will von nem Schwarzen nicht angefasst werden? Die hat doch Angst vor denen, die schauen halt anders aus und das ist eine natürliche Angst. Wie bei den Kindern. Oder soll ihr ein Russe die Windeln wechseln? Die will schon aus dem Fenster springen, wenn sie dieses beschissene gerollte Rrrrr hört. Das erinnert sie an früher. Was soll sie machen? Soll sie sich umbringen, die arme Frau?

Andreas: –

Mirko: Ein bisschen Toleranz ist schon wichtig. Respekt. Rassismus geht ja nicht nur in eine Richtung, ne?

(unangenehme Stille)

Mirko: Die Suppe schmeckt nicht. Wer isst schon freiwillig Hirn?!

Andreas: Woher weißt du das mit den Hakenkreuzen?

Mirko: Hä, was?

Andreas: Dass Schwule unter Hakenkreuzen ficken? Macht Westerwelle das?

Mirko: Wie kommst du jetzt darauf?

Andreas: Na ja, weil du ja sagst, du bist nicht schwul, von irgendwem musst du das ja haben, dass sie unter Hakenkreuzen ficken.

Mirko: Sag mal, was bist denn du für einer?

Andreas: Was meinst du?

Mirko: Was willst du mir denn unterstellen?

Andreas: Ne, gar nichts.

Mirko: Was nimmst du dir heraus?

Andreas: War nur ne Frage.

Mirko: Bist du krank oder was, bist du schwulenfeindlich?

Andreas: Was, wieso schwulenfeindlich?

Mirko: Pass auf, wie du redest, sonst zeige ich dich an.

Andreas: Wegen was?

Mirko: Denk ma ein bisschen drüber nach, was du da von dir gibst.

Andreas: Was denn?

Mirko: Ist mir ja noch nie passiert. So was. Wo nimmst du denn solche Sachen her, sag mal?

Andreas: Hast du doch grad erzählt.

Mirko: So, pass mal auf, mein Lieber, noch mal solche Späße und du hast eine Klage am Hals. Du redest hier mit gestandenen Persönlichkeiten. Du räumst hier mal schön die Gläser ab und dann ab nachhause, bevor ich deinen Arsch anzeige wegen Homophobie.

Andreas: Hä, was?

Mirko: Sonst ruf ich doch noch bei deinem Chef an und sage, was du hier für Ideologien verbreitest.

Andreas: Was für Ideologien?

Mirko: Es reicht, habe ich gesagt.

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